(K)ein Ort der Stille: 40 Jahre Bezirkszentralbibliothek

40 Jahre Bezirkszentralbibliothek Tempelhof: Das Café Pausini stiftet die Geburtstagstorte ©K. SchwahlenEin Schlagzeug in der Bücherei? Knallende Korken und viele Reden? Ist ein solcher Ort denn nicht der Hort der Ruhe, der Besinnlichkeit und Muße? Ist er – und doch auch viel mehr. Das zeigte sich Mitte Oktober beim 40. Geburtstag der Bezirkszentralbibliothek (BZB) in der Götzstraße.

Zwölf Stunden Programm zeugten von der Vielfalt dieser fast einzigartigen Bücherei in Berlin: Improvisationstheater für Kitakinder, ein interaktives Programm für Landratten zwischen sechs und zehn, Comic-Live-Abenteuer für Teenager.

Später las der Autor Friedrich Carl Delius aus seiner Autobiografie „Die Zukunft der Schönheit“ und erzählte vom Aufbruch einer Generation in den 1960er-Jahren, der für ihn in einem amerikanischen Jazzclub begann.

Eine Bücherei der besonderen Art

40 Jahre Bezirkszentralbibliothek Tempelhof: 93.000 Medien zum Schmökern, Lesen, Hören, Arbeiten © K. SchwahlenAls die Bücherei 1978 eröffnet wurde, damals noch unter dem Namen Tempelhofer Zentralbibliothek, stand sie für wegweisende Architektur und ein innovatives Konzept, erzählte Michael Ruhnke, der Leiter der heutigen Bezirksbibliothek.

„Der Architekt Bodo Fleischer hat dasselbe Prinzip berücksichtigt wie sein Lehrer Hans Scharoun in der Staatsbibliothek  – offene Ebenen und Emporen. Das war damals revolutionär. Deswegen wurde unsere Bücherei oft auch die kleine Stabi genannt.“

Rund 180.000 Menschen leihen sich jährlich eine halbe Million Medien aus der Bücherei in Alt-Tempelhof aus. Längst sind die 4.200 Quadratmeter des Gebäudes zu klein worden für die mehr als 93.000 Bücher, Zeitschriften, CD, DVD, Spiele, Hörbücher, die hier zur Verfügung stehen – vieles davon auch digital.

Dass die Bücherei inzwischen mehr ist als eine klassische Leihbibliothek, betonte auch Bezirksstadträtin Jutta Kaddatz in ihrer Festrede: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestalten diesen Ort als wichtigen Anlaufpunkt für Wissen, Lernen, Austausch, Unterhaltung und das Leben im Bezirk.“

Blick zurück und nach vorn

40 Jahre Bezirkszentralbibliothek Tempelhof: die Architektur ist außergewöhnlich © Stadtbibliothek Tempelhof-SchönebergSo beliebt die Bibliothek ist, so außergewöhnlich ihre Architektur ist – ihre Tage sind gezählt. Denn mit dem Stadtumbau zur neuen Mitte Tempelhofs wird sich rund um die Götzstraße eine Menge ändern. Geplant ist ein neues Gebäude am Tempelhofer Damm, in dem die Bücherei unterkommen soll, gemeinsam mit Musikschule, VHS und Museum.

Michael Ruhnke: „Wenn in dem erhofften Kulturbaustein alle Kultureinrichtungen vereint sind, wäre das schon sehr außergewöhnlich. So etwas gibt es bisher nicht in Berlin.“ Doch noch immer gebe es Menschen, die die BZB nicht kennen. Für Ruhnke ist die Lage ein Grund. „So sehr wir das umgebende Grün sehr schätzen, es macht die Bibliothek häufig schwer auffindbar.“

Umso stärker werde an einem neuen Veranstaltungskonzept gearbeitet: „Dazu gehören monatliche Erwachsenenveranstaltungen unterschiedlichster Couleur, Musikveranstaltungen, Kinderveranstaltungen. Damit wollen wir in Zukunft noch mehr Interessenten erreichen und das Haus populärer machen.“

Ein Leben ohne Bücher ist machbar, aber sinnlos

„Ich frage mich häufig, welche Gedanken, welche Ideen in diesen Mauern in den vergangenen 40 Jahren gesponnen wurden. Hausarbeiten, Reiseberichte, Kampfschriften, Traktate, Bewerbungen, Songtexte haben hier ihren Anfang genommen.“

Mit diesen Worten würdigte Dr. Boryano Rickum den 40. Geburtstag der BZB. Für den Leiter der Stadtbibliothek Tempelhof-Schöneberg sind „Büchereien sind Orte, wo wir alle ohne Geländer denken können, über alle Zeiten und Generationen hinweg. Sie helfen bei der Orientierung in diesem Land der Literatur, in diesem Land ohne Grenzen.“

40 Jahre Bezirkszentralbibliothek Tempelhof: Andrej Hermlin und seine Little Swing Band ©K. Schwahlen

Dieser Text erschien in gekürzter Form zuerst im tempelhofer journal (06/18)